Gesundheit, Vertrauen und Lebensmittelrecht
Bettina Schmid (TIS Cluster Alimentaris), Georg Müller (Unternehmerverband) Chiara Marinuzzi (Rechtsanwältin).
„Überstürzte Schuldeingeständnisse können einem Unternehmen langfristig Schaden zufügen“, erläuterte Chiara Marinuzzi während ihres Vortrags; oft müsse von Fall zu Fall überprüft werden, ob seitens des Unternehmens des Lebensmittelsektors tatsächlich ein Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz vorliege. Verstöße gegen das Lebensmittelrecht kosten nicht nur viel Geld und sind zeitaufwendig, sie können auch bei Schuldeingeständnis langfristige Folgen haben, der Tatbestand der Schuld bleibt vermerkt. Hinzu kommt, dass Verstöße gegen das Lebensmittelrecht auch strafrechtlich geahndet werden können, und das Strafmaß häufig großen Schwankungen unterliegt.
Die Rechtsanwältin führte aus, dass der Staat mit seiner Gesetzgebung zwei Zielsetzungen verfolgt: zum einen versucht er die Gesundheit der Bevölkerung sicher zu stellen, zum andern versucht der Staat die Täuschung der Konsumenten durch Lebensmittelproduzenten zu verhindern. „Die Kunden sollen darauf vertrauen können, dass die in den Geschäften angebotenen Lebensmittel in Ordnung sind“, so Marinuzzi. Mit anderen Worten: Lebensmittelproduzenten dürfen ihre Kunden nicht täuschen. Ein Produzent von Büffelmozzarella beispielsweise, der auch Kuhmilch - anstelle von Büffelkuhmilch - verwendet, täuscht seinen Kunden in jedem Fall. Das Strafmaß hängt allerdings davon ab, ob dem Hersteller nachgewiesen werden kann, dass er wissentlich Kuhmilch verwendet hat. Ein solcher Schuldnachweis ist natürlich nicht ganz einfach zu erbringen und darum können Verfahren im Lebensmittelbereich oft langwierig sein.
Kein Fehlverhalten des Lebensmittelproduzenten liegt vor, wenn ein Unternehmen sein Produkt unter dem Slogan „made in Italy“ verkauft, auch wenn nicht alle Zutaten aus Italien stammen. „Made in Italy“ bedeutet nur, dass in Italien produziert wird. Wenn das Unternehmen diese Anforderung erfüllt, darf es also auch „made in Italy“ auf seine Produkte schreiben.
Ab wann also Kunden getäuscht werden, ist schwer festzustellen und schon aus diesem Grund empfiehlt Chiara Marinuzzi immer das Hinzuziehen eines Rechtsbeistandes und zwar auch präventiv, also dann, wenn sich ein Unternehmen nicht ganz sicher ist, ob bestimmte Dinge erlaubt oder verboten sind, denn das Beste für ein Unternehmen sei es immer noch mit dem Gesetz überhaupt nicht in Konflikt zu kommen: „Das gilt für Unternehmen des Lebensmittelsektors vielleicht noch mehr als für Unternehmen anderer Bereiche“, so die Anwältin.
20 Südtiroler Unternehmer des Lebensmittelsektors besuchten den Vortrag der Rechtsanwältin im TIS innovation park. Drei Stunden erläuterte Chiara Marinuzzi an zahlreichen Beispielen verschiedene Rechtsproblematiken im Lebensmittelbereich. 80 Prozent der teilnehmenden Unternehmer beurteilten den Vortrag der Rechtsanwältin aus Ferrara mit „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“.